Sonntag, 17. Mai 2020

Rezension "Promised" von Kiera Cass

https://www.fischerverlage.de/buch/kiera_cass_promised/9783737350976
(c) Fischer Sauerländer

Hollis ist die Favoritin des Königs von Coroa. Ihrer Familie nach ist es ihr bestimmt, Königin zu werden. Und darauf arbeitet sie hin. Es gäbe auch deutlich schlimmere Schicksale, als Jamesons Frau zu werden.
Wie das der Familie Eastoffe, die aus dem Nachbarland Isolte flüchten musste und nun Unterschlupf in Coroa sucht. Silas, der älteste Sohn mit den strahlend blauen Augen zieht Hollis sofort in seinen Bann. Und plötzlich zweifelt sie daran, ob ihr vorgegebener Weg der richtige ist ...


Vorsicht, die Rezension könnte angedeutete Spoiler enthalten!


Die Geschichte:
Ich hatte mich auf eine Dreiecksgeschichte wie in "Selection" gefreut - und wurde enttäuscht. Nur kurz steckt Hollis in einer kniffligen Liebessituation fest, die ich absolut nicht nachvollziehbar fand. Zwischen dem Fremden, der nur ein paar Worte und ein Paar blaue Augen braucht, damit sie ihr Leben umkrempelt. Der König, der auf einmal doch nicht mehr so liebenswert ist wegen einer Entscheidung. Dabei war sie am Anfang des Buches komplett von ihm überzeugt. Wieso, erfährt man kaum, weil man mitten in die Handlung hineingeworfen wird und alles als selbstverständlich gilt.
Dazu kommen die viel zu lasch gelösten Konflikte. Als wollte die Autorin alles möglichst harmonisch darstellen, möglichst märchenhaft - bis zum großen Knall. Dieser hatte zwar tatsächlich eine große und gute Wirkung, kann aber die fehlenden Emotionen und Sympathien von zuvor nicht wettmachen.

Die Charaktere:
Ich habe noch nie einen wankelmütigeren Charakter gesehen als Hollis. Klar, wenn die Familie einem den Weg vorbestimmt hat, ist man selbst oft nicht komplett davon überzeugt. Aber sie wirkte so, als wollte sie wirklich Jameson heiraten und auf den Thron. Bis Silas kam. Und schon wurde jede ihrer Ambitionen über den Haufen geworfen. Sie wollte gar nicht mehr ihr Reich an erste Stelle setzen, obwohl sie doch mitbekommen haben muss, dass sie eine gute Königin geworden wäre. Stattdessen will sie auf einmal etwas, das zuvor nie zur Sprache kam. Es ist, als wäre sie ein naives Kind, das ein Abenteuer möchte - und nicht den anderen Mann.
Sowohl Silas als auch Jameson waren mir ebenso wenig sympathisch. Silas hat einfach immer das Richtige gesagt und hat richtig gut ausgesehen. Persönlichkeit fehlte ihm komplett.
Jameson mochte ich von Anfang an eigentlich lieber, weil er zur Abwechslung mal ein guter König ist, der nicht gestürzt werden muss. Durch Hollis' Sicht wirkte er jedoch zunehmend unattraktiver. Was ich nicht nachvollziehen konnte. Hätte er nach der ersten größeren Wende schlecht reagiert, hätte ich die Entwicklungen vielleicht noch eher nachvollziehen können. Aber prinzipiell konnte ich nur schwer verstehen, warum Hollis es nicht mal in Erwägung gezogen hat, bei ihm zu bleiben.
Insgesamt hatten die Nebenfiguren wie Delia Grace oder Hollis' Eltern mehr Charakter als die Protagonisten.

Der Schreibstil:
Als ich "Selection" gelesen habe, war ich noch deutlich jünger, sodass mir der einfache Schreibstil von Kiera Cass gut gefallen hat. Er vermittelte in der Reihe auch mehr Emotionen (wenn auch kein Übermaß). In "Promised" jedoch kam überhaupt nichts rüber. Es fehlten mehr innere Monologe, damit man Hollis' Entscheidungen, ihre Wünsche und ihr Umdenken nachvollziehen kann.
Außerdem war die Welt als gegeben vorausgesetzt. Man bekam kaum Hintergrundinformationen, wie das mit dem Königshof läuft. Irgendwie wohnen einfach alle da. Und der König pickt sich irgendwann eine Frau aus den adeligen Damen heraus. Und die Beziehung zu Isolte ist kompliziert. Fertig. Und eindeutig zu wenig.

Mein Fazit:
Meine Erwartungen waren auf jeden Fall zu hoch angesetzt. Das Buch wirkte eher wie ein unausgereiftes Debüt. Ich weiß nicht, ob ich die "Selection"-Reihe gelesen hätte, wenn sie nach "Promised" erschienen wäre.
Es tut mir in der Seele weh, das Buch schlecht bewerten zu müssen. Aber je mehr ich darüber schreibe oder rede, desto klarer wird mir, dass es unfair wäre, eine mittelmäßige Bewertung zu vergeben, wenn es so viele Mankos gab. Egal, ob "Promised" von Kiera Cass geschrieben worden ist. Egal, ob es bei einem großen Verlag veröffentlicht wurde. (Der ja nur die Lizenz gekauft hat und mit dem Inhalt des Buches abgesehen von der Übersetzung ja nichts zu tun hatte. Und den dadurch keine Schuld trifft.)
Ich finde jedenfalls, das ganze Buch war zu wenig von allem. Die überraschend gute Wendung am Ende macht noch ein bisschen was gut - ich habe jedoch das dumpfe Gefühl, in Band 2 wird die Autorin das wieder zerstören. Weil sie lieber das Märchenhafte hat als das Dramatische, das Komplizierte. Aber das werde ich wohl erst im Frühjahr 2021 erfahren.

Sabrina S. Says:




                                                                                

Erschienen bei Fischer Sauerländer
Erscheinungsdatum: 7.5.2020

ISBN: 978-3-7373-5097-6
Hardover, 368 Seiten

Preis Hardcover: 17,00 €
Preis E-Book: 9,99 €

Auch als E-Book erhältlich

Originaltitel: The Betrothed

Bestellbar unter anderem bei Fischer