Dienstag, 16. Februar 2016

"Fantasy zu schreiben, ist schwieriger als andere Genres."

Nach dem letzten doch recht ernsten Post von "Das Schreiben & Ich" geht es heute wieder etwas seichter zu. Zumindest mag es auf den ersten Blick so scheinen. Für mich ist das heutige Thema ziemlich nervenaufreibend. Denn ich berichte euch heute ein wenig darüber, welche Probleme mir mein aktuelles Romanprojekt "Infected" bereitet.

Es ist schon verrückt mit uns Autoren. Da jammern wir ständig, wir hätten keine Zeit zum Schreiben. Und wenn wir sie dann haben, fehlt uns irgendwie die Lust. Denn wie sagt man so schön? Wenn man etwas hat, will man es nicht mehr. So kommt es mir manchmal auch vor.
Nicht, dass ich nichts zu tun hätte (ihr wisst ja, Bachelorarbeit und Lektorate), doch ich hätte auf jeden Fall Zeit zum Schreiben. Vor allem habe ich mir nach Semesterende zuletzt eine ganze Woche freigenommen. So viele Stunden, die ich hätte nutzen können, um an "Infected" weiterzuschreiben ... alle ungenutzt. Zumindest die meisten.

Ich weiß ehrlich gesagt nicht genau, woran es liegt, dass ich mich nicht zum Schreiben motivieren konnte. Manchmal denke ich, es liegt an der Geschichte selbst. Als mir die Idee kam, war ich total von ihr überzeugt. Ich habe sogar angefangen, sie zu planen, obwohl ich zu dieser Zeit an "Krieger" geschrieben habe. Am zweiten Teil der Trilogie. Da konnte ich ja schlecht einfach mittendrin aufhören, um an etwas Neuem zu arbeiten.

Also habe ich "Infected" erst einmal zur Seite gelegt, in der Hoffnung, mich der Idee irgendwann wieder zu widmen. Dabei wusste ich natürlich, dass dieses Vorhaben bei mir nie aufgeht. Denn wenn ich noch längere Zeit an einem Roman schreibe, gehen mir neue Ideen sehr schnell wieder verloren. Ich habe einen Ordner voll mit Notizen zu Geschichten, die ich irgendwann mal schreiben wollte. Ich habe Teile von Plots, Charaktere, manchmal sogar den Titel. Aber was nützt mir das? Gar nichts, denn der angefangene Roman hat immer Vorrang. Da kann mir ein noch so guter Einfall dazwischen kommen, ich höre nie mitten in einem Projekt auf.

"Infected" hatte das Pech, mir in mein Herzensprojekt hineingekommen zu sein. Das steckte zwar zu dieser Zeit ein wenig in der Krise, doch das war keine Ausrede, es fallen zu lassen. Darum stellte ich die neue Idee hinten an, hängte mir allerdings ein Charakternetz (ihr wisst schon, so was mit Namen, Pfeilen und Zeichen) an meine Wand, damit ich es stets vor Augen habe, mein nächstes Projekt.

Erst über ein ganzes Jahr später wurde der letzte Teil von "Krieger" endlich fertig. Ihr könnt euch mit Sicherheit denken, dass meine Verbindung zu "Infected" inzwischen passé war. Das Plakat mit den Charakteren ließ ich nur noch zur Gewohnheit hängen (ich bin ein Gewohnheitsmensch). Ich glaubte nicht mehr daran, dass ich den Roman wirklich schreiben würde. Schließlich hatte mich schon die Planung von "Secrets" vereinnahmt. Hier war der Kick, mich in einem anderen Genre zu bewegen, so groß, dass die Geschichte schnell geschrieben war.

Doch dieser Ausflug in ein anderes Genre änderte alles. Ich hatte zwar herausgefunden, dass ich auch Geschichten außerhalb der Fantasy problemlos verfassen konnte, doch gleichzeitig kam mir so auch etwas abhanden: Meine Identität als Fantasy-Autorin.
Kurzgeschichten ohne Fantasy-Elemente habe ich bereits öfters verfasst, aber die brachten mich nicht so sehr aus dem Konzept. "Secrets" hingegen begleitete mich über ein halbes Jahr, über mehrere hundert Seiten hinweg. Ich gewöhnte mich dadurch an das teilweise viel weniger komplexe Denken.

Vielleicht glauben mir viele nicht, wenn ich das jetzt sage. Aber ich musste feststellen: 

Fantasy zu schreiben, ist viel schwieriger als so manch anderes Genre.

Ich behaupte nicht, dass andere Genres einfach zu schreiben sind. Doch in einer Fantasy-Geschichte muss man all die Fantasy-Aspekte logisch durchdenken. Man muss Welten, Fähigkeiten, Wesen usw. erfinden. Hier geht es nicht einfach um eine Geschichte, die erzählt werden will. Es geht auch um die Hintergründe, die mit den magischen Umständen einhergehen. 
Sehr viele Fragen müssen beantwortet werden und oft habe ich darauf nicht sofort eine Antwort. Früher war es viel einfacher, als ich mich noch nicht mit Plausibilität auskannte. Da war Magie die Ausrede für alles. Inzwischen muss ich so viel überdenken, dass mir die Erklärungen den Spaß an der Geschichte ein wenig verderben. Der Fokus liegt nicht mehr nur auf den Figuren, sondern auch auf den Fantasy-Aspekten. Und dieses Denken muss ich mir erst wieder aneignen, wenn ich bei "Infected" vorankommen will.

Und das will ich. Ich will mir selbst beweisen, dass ich auch aus älteren Ideen etwas machen kann. Dass "Infected" mehr ist als ein spontan angefangenes NaNo-Projekt, weil mir nichts Besseres eingefallen ist. Dass ich zu meinen Autorenursprüngen zurückkehren kann und die Herausforderung des Fantasy-Genres mir nicht inzwischen über den Kopf gewachsen ist.

Mit identitätssuchenden Grüßen

Sabrina S.