Dienstag, 29. Dezember 2015

"Überarbeiten ist nicht so schwierig, wie ich immer dachte."

Nachdem ich mich kürzlich mal wieder in meinen zweiten Roman vertieft habe (ihr wisst schon, den mit über 800 Normseiten), kam mir der Gedanke, mich heute mit dem Thema Überarbeitung zu beschäftigen. Für manche Autoren ist diese Phase eine der schwierigsten, da sie ihre Geschichten ungern ändern. Zu diesen gehörte ich bis vor wenigen Jahren auch noch. Aber das Jahr 2012 brachte mir nicht nur einen Wandel im Schreibstil, sondern auch den Mut zur Überarbeitung.

Dabei habe ich gemerkt: "Überarbeiten ist  gar nicht so schwierig, wie ich immer dachte."

Für Roman Nr. 2 stellte ich eine ganze Liste auf, auf was ich bei der Überarbeitung achten musste (diese findet ihr übrigens in diesem Beitrag). Eigentlich war das ein ganz guter Anfang für die inhaltliche Überarbeitung. Schließlich stellte ich mir Fragen, die sich auch Rezensenten stellen, wenn sie einen Roman bewerten. Sind die meisten Fragen positiv beantwortet, heißt das, die Geschichte ist relativ gut gelungen. Aber bloß weil die Story nicht schlecht ist, heißt das noch lange nicht, dass das Manuskript in einwandfreiem Zustand ist. Schließlich sind der Schreibstil, Grammatik und Orthografie ein ebenso wichtiges Thema.

Bezüglich des Schreibstils ist es natürlich fraglich, wie viel man daran bei der Überarbeitung ändern kann. Schließlich muss die persönliche Note herausstechen. Aber bei der Überarbeitung bezüglich des Schreibstils geht es um viel mehr. Es ist eine Art Stilanalyse, auf die hin man den Text überarbeitet. Man streicht Wortwiederholungen heraus, man umschreibt Adverbien und Adjektive mit aussagekräftigen Verben und man ändert Satzstrukturen. Das geht dann wiederum in die grammatische Überarbeitung über und letztlich auch in die ortografische.

Viele Autoren (und auch viele Lektoren) beschäftigen sich ganz zum Schluss erst mit Rechtschreibfehlern und Co., was ich für einen Fehler halte. Denn wenn man einmal drüber liest, dann ein zweites Mal und womöglich auch noch ein drittes Mal, dann fällt der Fehler beim letzten Mal bestimmt nicht mehr auf. Darum merze ich während der inhaltichen Überarbeitung gleich auch noch alle formalen Fehler aus. Beim letzten Durchgang bleiben dann kaum noch Makel übrig und man kann das Lesen genießen, wodurch man die Perspektive des Lesers einnehmen kann. Da fallen mir dann noch Dinge auf, die ich als Autorin nie gesehen hätte, schließlich weiß ich über alles Bescheid – im Gegensatz zum Leser, der mit jedem Wort etwas mehr erfährt.

Wenn man die Perspektive vom Autor zum Leser wechselt, ist es einfacher, auch mal ganze Passagen herauszukürzen. Glaubt mir, ich spreche aus Erfahrung! Ich habe in meinen letzten Geschichten (sowohl Romanen als auch Kurzgeschichten) öfters Teile rausgestrichen, weil der Leser sie nicht braucht. Denn man sollte immer im Hinterkopf haben, dass die Leser nicht dumm sind. Ein Autor will zwar immer, dass die Leser das nachvollziehen können, was sie sich beim Schreiben vorgestellt haben, aber es ist schwierig, das umzusetzen. Und deshalb sind auch viele Erklärungen unnötig. Wenn man gute Vorarbeit geleistet hat, wird der Leser zum gleichen Schluss kommen wie der Autor. Dann sind keine ellenlangen Gedankenstränge der Hauptfiguren mehr nötig, um ihr Gefühlschaos zu zeigen. Der Leser lernt die Figuren kennen und weiß schließlich, wie sie reagieren und warum sie es tun.

Momentan beschäftige ich mit der Überarbeitung von "Secrets", das ich zwei Monate liegen gelassen habe. Ich lud den Roman auf meinen E-Reader und versuche ihn wie jedes andere E-Book zu lesen – unvoreingenommen. Das war gar nicht so einfach, vor allem weil es sich fremd anfühlte, die geschriebenen Zeilen zu lesen wie etwas Veröffentlichtes. Aber genau wie ich in jedem Buch auf Fehler achte, habe ich das auch bei "Secrets" getan. Allerdings mit meinem Laptop mit dem Originalmanuskript direkt neben mir. So konnte ich Auffälligkeiten direkt ausbessern. War ein gutes Gefühl, schließlich bekommt man dadurch zunehmend die Gewissheit, dass möglichst wenige Fehler enthalten sind – und welcher Autor hat dieses Ziel nicht?

Zuletzt rate ich also jedem Autor: Schöpft alle Möglichkeiten aus, um das Manuskript zu perfektionieren! Gewinnt Abstand, lest es als Leser und lest es als Autor. Stellt euch zufrieden, indem ihr den Text in die bestmögliche Form bringt. Euer Lektor, euer Korrektor und der Leser wird es euch danken!
Und keine Sorge: Ihr könnt das Original gerne aufheben – es könnte euch in Zukunft so einiges lehren ;)

Mit perfektionierten Grüßen

Sabrina S.